Endlich oder leider Sommerferien

Vier Monate sind es inzwischen, die ich in Südafrika verbringe. Es wird euch vielleicht wundern, aber die Zeit verging bisher nicht im Fluge, sie verging einfach so wie immer. Mal schneller, mal langsamer, mal gechillter, mal hektischer. Aber eines tut sie auf jeden Fall: Spaß machen.

Viele Freiwillige berichten von einer Art Krise, die in den ersten Monaten überwunden werden musste. Ich hoffe diese kommt bei mir nicht verspätet, aber im Moment sehe ich auch echt keine Möglichkeit, woher sie plötzlich kommen könnte.

Die Arbeit mit den Kinder ist unglaublich befriedigend, besonders jetzt, da die Verbindung, die ich zu den Kids aufgebaut habe, sehr intensiv ist. Es ist fast schon „schade“, dass wir jetzt erstmal drei Wochen Ferien haben. Aber jetzt anzufangen von Ferien und Urlaub zu berichten, nachdem ich 4 Monate lang gearbeitet habe, würde das Bild von meinem Auslandsjahr ganz schön verfälschen, den Fokus irgendwie verrrücken. Darum widme ich diesen Blogeintrag meinen Kindern und meinem Projekt und will euch von unserem Ferienprogram berichten.

Es ist Sommer. Nur noch ein paar Wochen bis Weihnachten und die großen südafrikanischen Schulferien haben so gut wie angefangen. Doch irgendwo in Vrygrond sitzen zehn Leute kurz vor dem Verzweifeln in einem kleinen Raum und die Atmosphäre lässt noch überhaupt keine Feriengefühle aufkommen. Mitten im Chaos der ersten großen Renovierungsarbeiten des BAP versuchen ein paar europäische Freiwillige, eine kongolesische junge Frau und eine südafrikanische Künstlerin, ein cooles Programm für 30 von den Ferien gelangweilte Kinder auf die Beine zu stellen. Die Entscheidung für ein Thema war schnell gefallen, um den Zirkus soll sich alles drehen. Doch wissen unsere lieben Kleinen überhaupt, was ein Zirkus ist? Aus Mangel an einem echten Zirkus zum zeigen erschaffen wir einen kleinen Clip aus Youtube-Videos, in dem Clowns rumalbern, Seilakrobaten tanzen und Kinder Springübungen machen. Die 152183 Reifen, die auf dem Schulgelände verstreut liegen (keiner weiß so genau wo die herkommen, jedenfalls kam immer wieder ein Lastwagen und brachte neue. Manche Lehrer haben daraus einen Sportplatz gelegt.) sollen zur Manege werden und unsere Kids darin zu Zauberern, Akrobaten und Jongleuren.

Am ersten Montag in den Ferien ging es dann los. Ein Kind nach dem anderen wird von lustig angezogenen „Teachern“ mit einem Stück Klebeband mit Namen begrüßt und als alle da waren starteten wir wie gewohnt mit einem Willkommenskreis und unserem projekteigenen Song (Danke an Anka), dem „Butterfly Song“. Gespannt, was sie erwartete, kamen die Kinder in den frisch gestrichenen und mit neuem Boden ausgestatteten Kunstraum und wir wurden erstmal alle mit einem wunderbaren Mittagessen beglückt, das Glorias Mutter für uns gekocht hatte. Direkt nach dem Essen, die erste Herausforderung an die Kids: Aufräumen. Natürlich nicht ohne etwas Spaß und Fantasie, die Water Wizards (Wasserzauberer) spülten fleißig, die Stable Lads (Stallburschen) kehrten den Boden, die Wipe Wizards (Wischzauberer) kümmerten sich um die Tische und die Fortune Tellers (Wahrsager) sammelten das Glas, dass auf dem Außengeländer verstreut liegt. Nachdem dies erfolgreich erledigt war, gings an die große Zirkuseinführung. Die Filmclips kamen so gut an, dass die Kids sogar geduldig beim Regeln aufstellen geholfen haben. (Die Regeln sind unglaublich wichtig und manchmal genauso schwer umzusetzen. Dass man nicht mit Steinen durch die Gegend wirft und andere Kinder fragt, statt sie anzuschreien oder gar zu schlagen, ist nicht selbstverständlich. Das Umfeld der Kinder ist oft schwierig und manchmal habe ich das Gefühl, mit dem Beibringen solcher Regeln, ganz von vorne anfangen zu müssen.)

Als der theoretische Teil endlich über war, wollte jeder nur noch raus und sich bewegen und so spielten wir „Frozen“, ein recht einfaches Spiel mit klaren Regeln. Ein paar Kinder fangen, wer gefangen wird bleibt stehen und die andern können die „Eingefrorenen“ retten. Der absolute Renner unter den Kids. Nach dem Spiel war noch etwas Zeit für freie Aktivitäten, dann war es schon wieder Zeit, „Goodbye“ zu sagen und für uns war der Weg ins Bett nach diesem schönen aber anstrengenden Tag auch nicht mehr lang.

Meine Vision von dieser Woche mit den Kindern war es, eine Art Gruppendynamik zu schaffen, wie ich es von den Gruppenstunden und Ferienprogrammen, meiner Jugendgruppe in Deutschland kenne. Da ich aber als einzige im Team Erfahrungen mit Gruppenspielen und Gruppenleitung habe und die Kinder genauso wenig gewohnt sind, in einem Kreis zu stehen, zuzuhören und zusammenzuarbeiten, waren meine Ziele ziemlich hoch gesteckt. So war es auch nicht sehr verwunderlich, dass einige Frustrationsmomente auf mich zukommen würden. Es war anfangs beinahe unmöglich, alle Kinder gleichzeitig zusammenzubekommen, um ein Spiel zu erklären. Über die Zeit hat sich das aber gebessert und je mehr die Kinder gemerkt haben, dass die Spiele mit der ganzen Gruppe Spaß machen, desto aufmerksamer wurden sie. Mein großes Highlight dieser Woche war eine Gruppenaufgabe, die darin besteht, zu so vielt wie möglich auf eine kleiner werdende Anzahl von Stühlen zu stehen. Anfangs war das Rumgeschubse groß und die Überzeugung, am Coolsten sei es, seinen eigenen Stuhl nicht zu teilen, bröckelte nur langsam, bis nach dem zweiten missglückten Versuch ein etwas älterer Junge meinte, es sei vielleicht sinnvoll, wenn die Großen die Kleinen auf den Rücken nehmen. Was für ein schöner Moment, als alle zusammen es dann geschafft haben, auf nur sieben Stühlen zu stehen! Die Freude, die eine besondere Kraft hat, die Gruppe zu verbinden, war auch in der späteren Vorbereitung für die „Final Show“ zu spüren. Alle waren mehr oder weniger fleißig beschäftigt, einen Eröffnungstanz, eine Diabolo-Show und verschiedene Akrobatik-Sprünge vorzubereiten.

Am Dienstag hatten wir Besuch von einer Gruppe Jung-Magier aus dem „Cape Town College of Magic“, die eine beeindruckende Performance hinlegten. Einen großen Dank möchte ich an das College richten, dass sie unseren Kindern etwas so besonderes geschenkt haben!

Letztlich war es ein wunderbarer Abschluss, bei dem wir zusammen feierten, was wir die Woche über geschafft haben und jeder bekam die Aufmerksamkeit und den Applaus der ganzen Gruppe, für seine Vorführung, auch wenn es noch so klein und uninteressant war. Der Abschiedskreis war dieses mal wirklich faszinierend still und jeder bekam die Möglichkeit, seinen Lieblingsmoment zu benennen.

In drei Wochen geht das Aftercare wieder los, genug Zeit, die Kleinen zu vermissen, aber auch endlich mal wieder aus Cape Town rauszukommen und mehr von Südafrika kennenzulernen. Außerdem habe ich es jetzt – am dritten Advent – endlich mal geschafft, mich auf einem Surfbrett in den Ozean zu wagen, genau die richtige Beschäftigung für den heißen Sommer.

An alle lieben Menschen in Deutschland und wo auch immer sie sonst noch zu finden sind:

FROHE WEIHNACHTEN UND HAPPY NEW YEAR!!

Genießt die Zeit, die ihr mit euren Familien verbringen könnt und bis bald!

Jasmin


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