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Robben Island 6. Oktober 2013

Vor ein paar Wochen habe ich Robben Island besucht.

Die Insel ist ein sehr symbolträchtiger Ort, Begriffe wie Apartheid, Rassismus und Unterdrückung, und ihre bekanntesten Insassen, Nelson Mandela und Robert Sobukwe, verbindet man damit. Nelson Mandela verbrachte dort 18 Jahre seines Lebens in politischer Gefangenschaft und viele andere wurden wie er auf diese Weise von der großen Antiapartheidsbewegung, die im Land zu wachsen begann, isoliert und ohne Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten in kleinen Einzelzellen festgehalten. Im Jahre 1964 wurden die Anführer des ANC, kurz für African National Congress, einer der führenden Antiapartheidsorganisationen, nach dem sogenannten Rivonia-Prozess, zu lebenslanger Haft verurteilt und nach Robben Island gebracht. Erst 1982 wurde Nelson Mandela in ein anderes Gefängnis gebracht, wo er noch weitere acht Jahre auf seine endgültige Entlassung warten musste.

Mit diesem Wissen wandelt man über die Insel mit einem Gefühl von Ehrfurcht und Bewunderung. Der Steinbruch, in dem Nelson Mandela und die Mitgefangenen tagtäglich schuften mussten, taucht vor unserem Bus auf, als ein kleine, fast schon gemütlich wirkende Vertiefung mitten in der idyllischen Natur der Insel und es fällt einem schwer, sich vorzustellen, wie eine handvoll Gefangener in der kleinen Höhle, die damals als Kloake benutzt wurde, politische Diskussionen vor den Aufsehern versteckt hielten. Das einzige, was an die harte Zeit erinnert, ist ein großer Wachturm aus Beton.

Die Sonne strahlt auf die kleinen Eidechsen und Vögel, die die Insel bevölkern und der nächste Halt unseres Busses ist eine Kanone, die für den 2. Weltkrieg hier gebaut wurde, allerdings erst 1947 fertig gestellt wurde – südafrikanische Effizienz eben. Unser Busfahrer lebt auf der Insel und verdient sein Geld damit, Touristen herumzufahren. Was mich überrascht hat, ist die Tatsache, dass es ein richtiges Dorf auf Robben Island gibt, indem auch Kinder und alte Leute leben. Die meisten Bewohner arbeiten auf dem Festland oder gehen dort zur Schule. Sogar eine Kirche gibt es auch auf der Insel und wer will kann dort für 18 Rand, umgerechnet vielleicht einen Euro und 20 Cent, heiraten.

Der höchste Punkt der Insel liegt sieben Meter über dem Meeresspiegel und auf ihm steht ein kleiner Leuchtturm, um den die Sacred Ibisse kreisen, die hier in einer großen Kolonie leben. Das Ökosystem auf Robben Island ist einzigartig, da es für so lange Zeit unberührt blieb, – die Insel wurde neben dem Gefängnis nur als militärische Basis und als Leprakolonie genutzt – daher ist es auch nicht erlaubt, außerhalb der geführten Touren auf die Insel zu kommen.

Das Ziel der einstündigen Bustour war das Hochsicherheitsgefängnis für politische Gefangene, das die Gefangenen in ihren ersten Jahren auf der Insel selbst mit aufbauen mussten. Ein großer Mann mit heiserer Stimme stellt sich uns als ehemaliger Gefangener vor und führt uns über das Gelände und durch die Gefängnistrakte. Das Gebäude wirkt sehr kalt und verlassen, es gibt ab und zu ein Informationsschild für Interessierte Besucher, aber im Großen und Ganzen könnte man meinen, die Gefangenen könnten jeden Tag zurückkommen. Die Zellen sind alle leer, bis auf eine. Ob das diejenige ist, in der Nelson Mandela gelebt hat, bin ich mir allerdings nicht so sicher. Diese eine Zelle ist vermutlich auch die, die man von den Fotos und Postkarten, die es über Robben Island gibt, kennt. Ein rostiger Eimer, ein Tisch und eine dünne Filzmatte mit zusammengerollten Decken ist alles, was den kleinen Raum füllt.

In einer großen Gruppenzelle, in der unser Museumsführer manchmal mit bis zu 17 Leuten eingesperrt gewesen sei, sehen wir eine Essenstabelle, auf der klar aufgeschrieben ist, welche Nahrungsmittel welcher „Rasse“ von Gefangenen zusteht. Ein weiteres Bild zeigt einen Brief, wie er von den Wächtern zensiert wurde, bevor der Gefangene ihn zu lesen bekam.

Nach 3 Stunden ging es schon wieder zurück zur Fähre, die uns zum Festland bringen sollte – um das Gefängnis auf eigene Faust zu erkunden und die Pinguinkolonie, die auf dem Weg zum Hafen liegt, näher anzuschauen, blieb leider keine Zeit. Trotzdem war es schön, einen Ort, von dem man schon so viel gelesen und gehört hat und auf dem so viel passiert ist, einmal mit eigenen Augen zu sehen.